Ich blättere so durch die Postwurfsendungen und kaum ist Weihnachten vorbei, wimmelt es nur so von Prinzessinnen, Clowns, Cowboys und Indianern. Mich wundert es, dass es diese Figuren noch nicht in Schokolade gibt, da könnte man wunderbar die Weihnachtsmänner einschmelzen und wiederverwenden. Nachhaltigkeit und so. Aber das ist ein anderes Thema.
Fastnacht naht – oder wie man hier sagt – Fasching. Dabei kann man das nun wirklich nicht miteinander vergleichen. Aufgewachsen in der Nähe von Mainz als Kind zweier Rheinländer komme ich mir vor wie im karnevalistischen Niemandsland. Keine Kamelle, keine Fastelovend Zoch, keine Jecke un‘ vor allem keine Dom (Übersetzung für Düsseldorfer und andere Nicht-Kölner: „Keine Bonbons, kein Karnevalsumzug, keine… karnevalsverrückten Narren und vor allem keinen Dom!“).
„Mer losse d’r Dom en Kölle, denn do jehööt hä hin.
Wat sull di dann woanders, dat hätt doch keine Senn.“Quelle: Mer losse d’r Dom en Kölle, Bläck Föös
So muss ich mir eben selbst meine kleinen Traditionen aufrecht erhalten. Am 11.11. um 11:11 Uhr wird zum Telefon gegriffen und Mama von Neulich angerufen, die ich dann mit einem „Me losse d’r Dom in Kölle“ begrüße.
An Weiberfastnacht/Schwerdonnerstag muss ich mich zusammenreißen, den männlichen Mitmenschen nicht die Krawatte abzuschneiden – ich glaube, das würde hier auf wenig Verständnis stoßen.
„…he fählt nur vum Balkon die Aussich op d’r Dom!“
Quelle: „Et Spanien Leed“, Bläck Föös
Der sträflich vernachlässigte Rosenmontag wird mit – zugegeben sehr leckeren „Faschingskrapfen“ und einer Playlist kölsche Lieder auf Spotify verkürzt. Begleitet von Höhner, Bläck Föös, Paveier oder den Räubern geht die Zeit am Schreibtisch etwas schneller vorbei.
Kürzlich habe ich auch wieder einmal die alte Tradition aufleben lassen und – Internet sei Dank – eine Sitzung des Hänneschen Theaters gesehen. Mit einem Mal saß ich gedanklich wieder mit Mama von Neulich am Sofa und rief begeistert „Herr P-pppräsident – de WOOOSCH„.
Natürlich gibt es auch hier Faschingsbälle, die aber mit den Karnevalssitzungen von zu Hause wenig zu tun haben. Verkleidet wird sich am Dienstag (?) und auch hier ist das mehr oder weniger bunte Treiben am Aschermittwoch vorbei. Da gibt es dann wenigstens einen leckeren Heringsschmaus.
„Hey Kölle – do ming Stadt am Rhing
He wo ich jroß jewode ben
Do bes en Stadt met Hätz un Siel
Hey Kölle, do bes e Jeföhl“Quelle: Hey Kölle – Do bes e Jeföhl, Höhner
Seit mich mein Weg vor knapp 20 Jahren immer weiter nach Süden bis nach Österreich geführt hat, hat auch meine Feierlaune mit jedem Meter abgenommen. Doch die rheinischen Wurzeln reichen wohl aus, dass ich jedes Jahr ein klein wenig sehnsüchtig an das närrische Treiben zu Hause zurück denke, wenn ich die ersten Klänge von „Denn wenn et Trömmelche jeht“ höre. Oder wenn ich die Karnevalskostüme sehe. Neulich. In der Werbebeilage.