Es ist 8.46 Uhr. Eine Dachluke beginnt sich langsam zu öffnen und lässt für exakt 102 Minuten Licht in eine Bahnhofshalle fallen. Doch es ist nicht irgendeine Bahnhofshalle. Der immer größer werdenden Spalt gibt die Sicht frei auf das One World Trade Center. Wer hier, im World Trade Center Transportation Hub den Kopf in den Nacken legt und seinen Blick nach oben richtet, sieht zu der Stelle, an der vor 17 Jahren ein Flugzeug in den Nordturm des damaligen World Trade Centers raste. Genau um 8.46 Uhr Ortszeit.
„The World Trade Center is a living symbol of man’s dedication to world peace … a representation of man’s belief in humanity…“
Minoru Yamasaki, at the opening ceremony for the Twin Towers in 1973
Die Zwillingstürme gehörten mit je 110 Stockwerken und 417 bzw. 415 Metern Höhe zu den höchsten Gebäuden in New York1. Als der Bürokomplex, der eigentlich aus sieben Gebäuden bestand, 1973 eröffnet wurde, hätte niemand auch nur erahnen können, dass er einmal als einer der tragischsten Orte in die Geschichte Amerikas und als Wendepunkt in die Weltgeschichte eingehen würde.
So wie sich viele aus der Generation meiner Eltern noch daran erinnern können, wo sie gewesen sind, als die Mondlandung stattfand, kann sich meine Generation wahrscheinlich genau daran erinnern, wo sie war, als die Anschläge auf das World Trade Center verübt wurden. Mir wäre ein ähnlich positives Erlebnis wie die Mondlandung lieber gewesen.
So sitze ich am 11. September 2001 um 14.46 Uhr in einem Großraumbüro vor meinem Computer, als eine Kollegin mit amerikanischen Wurzeln plötzlich völlig fassungslos sagt „Da ist scheinbar ein Flugzeug ins World Trade Center geflogen!“. Ich öffne die damals bei uns noch relativ neue Suchmaschine „Google“ und versuche Näheres herauszufinden. Meine Kollegen und ich gehen, wie wahrscheinlich alle anderen, zu diesem Zeitpunkt von einem tragischen Unfall aus. Auch das Internet weiß zu diesem Zeitpunkt nichts wirklich Konkretes zu berichten.
„And then, on September 11, the world fractured.“
Barack Obama
16 Minuten später, um 9.02 Uhr New Yorker Ortszeit trifft ein zweites Flugzeug den Südturm und ab diesem Zeitpunkt schleicht sich bei jedem der erste Zweifel ein, dass es sich um einen tragischen Unfall handelt. Doch keiner – zumindest in unserem Büro – hat sich damals das ganze Ausmaß dieses Geschehens ausmalen können. Keiner hätte auch nur im Entferntesten daran gedacht, dass jemand so minutiös einen Anschlag plant und den Tod von fast 3.000 Menschen in Kauf nimmt.
Ab dem Einschlag des zweiten Flugzeugs in den Südturm überschlagen sich die Ereignisse. In der Welt – und in unserem Büro. An Arbeit ist nicht mehr zu denken. Alle sitzen wie gebannt vor dem Computer und versuchen dem Internet Informationen zu entlocken. Sämtliche Nachrichtenportale, die wir erreichen wollen, brechen aufgrund der hohen Zugriffe zusammen. Nach und nach gehen die grausamen Bilder der brennenden Türme um die Welt. Bilder von Menschen, die in ihrer Panik aus dem Fenster springen. Bilder von Menschen, die in Asche gehüllt durch New Yorks Straßen laufen. Bilder von Menschen, die verzweifelt nach ihren Angehörigen, Kollegen, Freunden suchen. Bilder von… einstürzenden Türmen. Türme, die einst ein Symbol für Frieden und Menschlichkeit darstellten.
Um 10.28 Uhr Ortzeit bricht der Südturm in sich zusammen und durchschlägt in nur 12 Sekunden die darunter liegenden Stockwerke1. In nur 102 Minuten ist die Welt nicht mehr die, die sie einmal war.
„My son, firefighter Leon Smith Jr., who was the sunshine of my life. He gave his life so that others could live.“
Irene Smith, loving mother of a member of Ladder Co. 118 FDNY
Am heutigen Tag gedenken viele, viele Menschen weltweit den Opfern der Anschläge. Und das ist gut und richtig! All diese Menschen in New York und Washington wurden auf tragische Weise aus dem Leben gerissen. Darunter auch viele, die zur Hilfe eilten. Niemand kann den Menschen, die Angehörige und Freunde verloren haben, ihre Lieben zurück geben. Niemand kann das Geschehene ungeschehen machen.
Umso wichtiger ist es, dass wir im Hier und Jetzt dafür sorgen, dass Hass keine Chance hat. Dass Menschen, die mit ihren Reden die Angst anderer schüren keine Chance haben. Dass diejenigen, die sich stark fühlen, weil sie in der Gruppe mit erhobenem Arm rechte Parolen rufen keine Chance haben.
„If we learn nothing else from this tragedy, we learn that life is short and there is no time for hate.“
Sandy Dahl, wife of Flight 93 pilot Jason Dahl
Und so hoffe ich, dass dieser Tag des Gedenkens zum Nachdenken anregt, wie wir mit unseren Mitmenschen umgehen. Was wir selbst dazu tun können, damit sich eine solche Tragödie nie wieder wiederholt. Und so sehe ich zu, wie der Lichtschein am 11. September durch den Oculus des World Trade Center Transportation Hub fällt. Neulich. In New York.
1 Quelle: Wikipedia
Es ist mir schon zu einer lieb geworden Gewohnheit geworden, in unregelmäßigen Abständen, wann man eben Zeit und vor allem Ruhe da zu hat, kurz nach zusehen ob es was neues von Frau Neulich gibt .
Die anfängliche Freude über einen neuen Beitrag wandelte sich diesmal in eine gewisse Nachdenklichkeit. Daran erinnert zu werden, zu welch unglaublichen Taten Menschen fähig sind ist nicht immer leicht.
Aber ungleich Wichtig !
Kann nur sagen Respekt !